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Halten: Kreativität im Alltag
desamt, als ich meinen Vor-
Mein Name ist Hugo. Hugo namen offiziell ändern lassen
vom Narrenkreuz. wollte. Dafür müsste ich schon
Andererseits aber auch wieder nachweisen, dass dieser bei mir
nicht. ernsthafte psychische Probleme
Denn in Pass und Geburtsur- auslösen würde. Da ich nicht
kunde steht etwas anderes. Adolf hieß und mich auch nicht
Segle ich also als Pirat unter fal- als meschugge empfand, ließ ich
scher Flagge? Bin ich ein Etiket- es letztlich bleiben.
tenschwindler ohne Etikette? Für den Alltag genügte mir
Wenn, dann wäre das wohl eher Hugo, auch wenn der kleine (für
väterliche Tradition. mich große) Unterschied gele-
Mein Vater hat meine Mutter gentlich zu Verwirrung führt.
trotz anfänglicher Liebesschwü- Was aber sollte ich über und un-
re nie geheiratet. Mein gut-bay- ter meine schriftstellerischen Be-
erischer Nachname stammt also Karikatur, Felix Lasson mühungen kritzeln?
von ihr. Der Beiname „Der Schreckli-
In der Unsicherheit der Bezie- che" ist zwar unter Freunden
hung zu ihm gab sie mir seinen nett, aber eine Steilvorlage für
Vornamen. Ein Versuch, ihn an weniger wohlmeinende Kritiker.
sich, an uns zu binden? Mein Original-Etikett hingegen
Nun, was sie betrifft, hat das Ein Namens- ist schon sehr bayerisch. Wo-
wenig geholfen. Meine Mutter künstler packt aus: gegen ich grundsätzlich nichts
blieb ledig. Die große Liebe hat- habe. Aber da ich kaum in
te und hat sie leider nicht gefun- Hugo vom Mundart schreibe, war ich nicht
den. Narrenkreuz darauf scharf, aufgrund meines
Was mich betrifft, so hat mich Namens gleich in die falsche
der gemeinsame Name mehr an sich groß sträuben müsste. Für Schublade verortet zu werden.
meinen Vater gebunden als um- mich war er ein Glied in einer Hilfe kam von unerwarteter Sei-
gekehrt. Kette, die mich gefangen hielt in te. In der Kirchengemeinde, in
Es sind allerdings keine positiven ererbten Defiziten, seien sie nun der ich geistlich zuhause bin,
Erinnerungen meinerseits, die eingebildet oder nicht. werden meine kreativen Ausbrü-
uns verbinden. Keine der beiden che zwar grundsätzlich geschätzt,
Frauen, die mich in liebevoller Hilfreich war es daher, dass ich aber nicht immer verstanden.
Konkurrenz großzogen, wollte, von meinen Mitschülern in der Und manchmal bin ich daher
dass ich so werde wie er. Weder Fachoberschule einen Spitz- auch etwas angeeckt. Nachdem
meine Mutter noch meine Tante namen angehängt bekam, ein mich letzteres selten gehindert
fanden sein Verhalten zum Vor- Amalgam aus meinem unge- hat, wieder mal etwas jenseits
bild geeignet. Die Vergleiche fie- liebten Erbstück und der Car- des frommen Mainstreams aus-
len zwar - Gott sei Dank! - meist toonfigur „Hägar der Schreckli- zuprobieren, meinte jemand aus
zu meinen Gunsten aus, aber che" (die trotz der Bezeichnung der Kirchenleitung mal seufzend
die Vornamensgleichheit zog sie ein Sympathieträger ist, ande- „Der Hugo hat ja sowieso Nar-
ganz ungewollt nach sich. Ein- re Ähnlichkeiten bestreite ich, renfreiheit!" Das war's. Das war
fach bei mir noch ein verniedli- selbst wenn sie wahr sind). Fort- der Funken, der das Tüpfelchen
chendes i hintendran zu hängen an war ich also Hugo. Hugo der auf dem -i ersetzte.
genügte nicht. lih war das, was Schreckliche. Auch wenn mich die Bezeich-
ich dabei schon selber empfand. Und es ging mir gut damit. nung zuerst etwas irritiert hat,
Wundert es da jemand, dass ich Auch wenn eine ältere Dame, war sie für mich eine Initialzün-
den mir gegebenen Namen nie die mich mochte, meinte, ich dung, mich mit der Rolle des
liebgewann? solle mich eher „Hugo der Viel- Narren auseinanderzusetzen,
Für jeden anderen war er sicher geliebte" nennen. Nun ja, man der frei genug ist, die Wahrheit
ganz normal, kein Grund zur muss es nicht gleich übertreiben. zu sagen.
Aufregung, nichts wogegen man Letzteres meinte auch das Stan- Rollenbilder fand ich, als ich
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